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Vergütung der Dienstreise: Reisezeit ist nicht gleich Arbeitszeit

Vergütung der Dienstreise: Reisezeit ist nicht gleich Arbeitszeit

27. Juli, 2017

Ruhepause, Arbeitszeit, Wegezeit und Reisezeit – 4 Begriffe, über die jeder Geschäftsreisende im Angestelltenverhältnis Bescheid wissen sollte. Sie sind der Kern gesetzlicher Regelungen zur Vergütung der Dienstreise.

 

 

 

Bevor Hannah die U3 Richtung Barmbek betritt, schaukelt sie mit dem 25er Bus durch die meist überfüllte Hamburger Innenstadt. Aus Angst vor Verspätungen nimmt sie zwei Busse früher, insgesamt ist sie eine Stunde unterwegs.

 

Hannah nennt die Anfahrt schmunzelnd ihre “kleine, tägliche Dienstreise”. Das Deutsche Arbeitsrecht nennt sie “Wegezeiten” und meint damit meist reines Privatvergnügen.

 

Was ist eigentlich eine Dienstreise?

Laut Gesetz liegt eine Dienstreise vor, wenn der Arbeitnehmer im Auftrag seines Vorgesetzten außerhalb des Firmenstandorts tätig wird. Ein gewisser räumlicher Abstand zwischen Arbeitsstätte und Zielort wird dabei vorausgesetzt.

 

Hat Hannah also ein Meeting im Viertel nebenan, ist der Termin nicht etwa als Dienstreise, sondern als “Dienstgang” einzuordnen. Genaue gesetzliche Regelungen gibt es hier aber noch nicht.

 

Tritt nämlich ein Angestellter innerhalb Berlins den Weg von, beispielsweise, Prenzlauer Berg nach Zehlendorf an, kann die mehrstündige Anfahrt durchaus als Dienstreise gewertet werden.

 

Auftrag Ausruhen: Reisezeit ist nicht gleich Arbeitszeit

Einverständnis darüber, dass der Mitarbeiter eine Dienstreise antritt, heißt lange nicht Klarheit in der Frage, ob Reisezeit Arbeitszeit entspricht. Hier kommt es ganz auf die Vorgaben des Arbeitgebers und die Wahl des Transportmittels an.

 

Hannah arbeitet in einer Digitalagentur und ist ab sofort für einen Kunden in Köln zuständig. Im Anschluss an die “Kick-off”-Besprechung zu diesem Projekt in der Hamburger Zentrale reist sie zum Standort des Kunden.

 

Kurz bevor sie das Büro verlässt, trägt ihre Chefin ihr auf, während der Bahnfahrt ein Protokoll zum vorherigen Meeting zu verfassen. Da ihr klare Aufgaben zugewiesen worden sind, ist die Reisezeit im Zug als Arbeitszeit zu werten.

 

Dies gilt übrigens auch automatisch für den Fall, dass Hannah einen Mietwagen nimmt und selbst am Steuer sitzt. Sie hat somit keine Möglichkeit, die Reisezeit frei zu nutzen – etwa zum Zeitunglesen oder für einen Power Nap.

 

Anders verhält es sich, wenn sich Hannah für die Fahrt mit dem Pkw entscheidet, obwohl ihr Chef eine Zug- oder Busreise angeordnet hat.


Generell ist jede Reisezeit im Flieger, in der Bahn oder auf dem Beifahrersitz als Ruhezeit anzusehen. Falls sich der Mitarbeiter aus freien Stücken dazu entscheidet, im Flieger oder Zug Unterlagen zu wälzen, geschäftlich zu telefonieren etc., tut er dies tatsächlich ohne Vergütungs-Anspruch.

 

Das Gleiche gilt für “Leerlaufzeiten” wie Hotelaufenthalte: Sofern vom Chef keine Arbeit angeordnet wurde, handelt es sich um Ruhezeiten.

 

Kurz gesagt: Die Ruhepause beginnt dann, wenn die Möglichkeit zur Entspannung besteht. Beispielsweise auch dann, wenn der Geschäftstermin bis spät abends geht und direkt im Anschluss ein Nachtflug ansteht, der 11 Stunden andauert.

 

Diese Stundenzahl entspricht gemäß Paragraf 5 des Arbeitszeitgesetzes der vorgeschriebenen Ruhepause. Prinzipiell könnte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter also direkt nach der Landung neue Aufgaben übertragen.

 

Vergütung der Dienstreise: Wann Arbeitszeit etwas wert ist

Aufgepasst: Mit der Einstufung in Ruhezeit und Arbeitszeit ist es aus vergütungsrechtlicher Sicht nicht getan. Das deutsche Arbeitsrecht macht es noch einmal spannend und schenkt dem Arbeitnehmer ein weiteres “Aber”:

 

Liegt die Wege- und Reisezeit innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit sind diese definitiv zu vergüten. Aber: Übersteigt die Dauer der Dienstreise die regelmäßige Arbeitszeit, ist die Rechtslage unklar.

 

Welche Dienstreisezeiten außerhalb der normalen Arbeitszeit zu bezahlen sind, sollte also bestenfalls Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung zur Vergütung der Dienstreise sein.

 

Travel Policy: Was muss beachtet werden?

Klar ist spätestens jetzt, dass das Arbeitsrecht einige Tücken bereithält. Das Jobportal “Karrierebibel” bringt Licht ins Dunkle und fasst nochmals alle wichtigen Aspekte in einer Checkliste zusammen.

 

Für die Travel Manager gilt es, folgende Punkte in der Travel Policy abzubilden und zu definieren, um Unklarheiten und Nachfragen zur Vergütung der Dienstreise vorzubeugen:

 

 

  • Arbeitszeiten (Überstunden, Vergütung)

 

  • Spesen (Verkehrsmittel, Hotelauswahl etc.)

 

  • Reiserabatte (z.B. Bonusmeilen – Wer darf sie nutzen?)

 

  • Impfungen, falls nötig (Wer trägt die Kosten?)

 

  • Reiseversicherung (Wer trägt die Kosten?)

 

 

Beim Thema Versicherungsschutz gilt grundsätzlich: Der Beschäftigte genießt während einer Dienstreise den vollen Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

 

Unterbricht der Reisende seine berufliche Tätigkeit aus privaten Gründen, ist der Schutz wieder gegeben, sobald er die Geschäftsreise fortsetzt. Auch der Weg zwischen Wohnort und Arbeitsstätte ist in der Regel in den Versicherungsschutz eingeschlossen.

 

Dies bedeutet, dass Hannahs “kleine, tägliche Dienstreise” durch Hamburg zwar nicht als Arbeitszeit geltend gemacht werden kann, es sich aber immerhin um abgesichertes “Privatvergnügen” handelt.

 

 

 

Mehr zum Themenschwerpunkt Travel Policy:

 

Do’s und Don’ts bei der Erstellung

 

Die wichtigsten Inhalte aus Mitarbeitersicht

 

Tipps und Tricks für Employee Compliance

 

 

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