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Status Quo Geschäftsreisebüro: Jahrelange Zufriedenheit, aber zu welchem Preis?

Status quo Geschäftsreisebüro: Jahrelange Zufriedenheit, aber zu welchem Preis?

21. Juli, 2016

Gerade auf Reisen sind mobile Apps wichtige Begleiter geworden. Und doch scheint der Status quo in puncto Geschäftsreisebüro seit Jahren unverändert: Geplant wird der Trip zwar zunehmend online, gebucht aber offline. Ein Gespräch mit einem Geschäftsreisenden und seiner Assistenz gibt wertvolle Einblicke – und einen interessanten Ausblick.

 

 

Wir berühren unser Smartphone durchschnittlich 2.617 Mal am Tag. Wir, das sind sowohl Digital Natives (dt.: „Digitale Einheimische“), als auch Menschen, die diesen Begriff bewusst nicht nutzen, nicht kennen oder schlicht nicht verstehen.

 

Laut Duden handelt es sich dabei um eine „Person, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist und in ihrer Benutzung geübt ist“. Doch muss man sicherlich nicht inmitten der digitalen Revolution aufgewachsen sein, um diesen einen Moment gut nachvollziehen zu können: Wenn das Akku-Icon in den roten Bereich fällt und anstelle des bunten Bildschirms tiefschwarzes Nichts tritt. Eben noch Weltenbummler, Börsenguru, Social Light, jetzt: verloren in einer Welt aus Ungewissheiten.

 

Das möchte niemand sein, vor allem nicht auf Reisen. Da geht es um Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Erreichbarkeit, Schnelligkeit – und jede Menge anderer „keit’s“. Wie groß die Rolle ist, die mobile Endgeräte dabei spielen, hat die Chefsache Business Travel Studie 2015 im Auftrag des Deutschen Reiseverbands jüngst bestätigt. Hierzu wurden 110 Geschäftsführer, die selbst regelmäßig auf Geschäftsreisen sind, sowie 110 geschäftsreisende Führungs- und Fachkräfte aus Unternehmen ab 250 Mitarbeitern befragt.

 

93 Prozent von ihnen geben an, auf Geschäftsreisen ein mobiles Endgerät zu nutzen, um sich besser und schneller über ihre Reise informiert zu fühlen. 70 Prozent erkennen eine größere Unabhängigkeit von den Geschäftszeiten touristischer Betriebe. Währenddessen schwören ein Drittel auf verschiedene Apps, um Business Trips zu planen, durchzuführen und auf dem Laufenden zu bleiben.

 

Mit Voya soll der Plural in Zukunft passé sein. Statt fünf Apps, nur eine, dafür fünf Services: Flug oder Zug, Hotel, Transfer, Reisemanagement (Umbuchungen, Check-In, Stornierung etc.), Buchhaltung (Reisekostenübersicht). Dafür steht das Voya-Team, das sich mehrheitlich aus Digital Natives zusammensetzt.

 

Kein „Digital Native“, aber auch kein „Stranger“.

Als Steve Jobs 1984 den ersten Macintosh auf den Markt brachte – einen großen beigen Kasten mit einer Tastatur aus dicken Schaltern – war Peter Hillmann* 30 Jahre alt. Er ist damit bei weitem kein Digital Native, aber auch kein „Stranger“. Er ist Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens mit ca. 1.200 Mitarbeitern, reist unter der Woche durch das ganze Land wie andere durch ihr Stadtviertel am Samstagabend.

 

Peter Hillmann ist beruflich stärker auf sein iPhone angewiesen, als seine 24-jährige Tochter. Entsperrt dieses im Schnitt 80 Mal am Tag, ergo ungefähr sechs bis sieben Mal pro Stunde, wie Apple kürzlich über seine Kunden bekannt gab. Und doch ist er nicht in der digitalen Welt aufgewachsen, hegt grundsätzliches Misstrauen gegenüber PayPal, WhatsApp, Google Maps & Co., diese riesigen Datenkraken.

 

Während er die Geschäfte des Frankfurter Betriebs führt, kümmert sich seine Büroassistenz Frau Stolte*, um die Reisen, die mit diesen zusammenhängen. Am Telefon erklärt er: „Meine Assistentin wird in unserem Outlook-Kalender oder auf Zuruf über all meine außerstädtischen Termine in Kenntnis gesetzt. Je nachdem wie viel Zeit zur Abreise bleibt, kontaktiert sie unseren Vertragspartner in Sachen Reiseplanung, meistens bucht sie aber selbst. Aus Zeitnot.“

 

Auf Nachfrage konkretisiert Frau Stolte den Buchungsprozess: „Wir arbeiten mit dem Geschäftsreiseportal eines großen Finanzdienstleisters zusammen, über das wir insbesondere Flüge, aber auch Hotels und Mietwagen reservieren können.“ Für diese Leistung würde eine Pauschale in Höhe von 375 Euro fällig, exklusive der Einzelkosten pro gebuchtem Flug.

 

Online betragen diese 12 Euro, pro Offline-Buchung würden bereits 32 bis 47 Euro veranschlagt, je nach Strecke. Aktuell läge ein Angebot vor, in dem letzteres auf ein Minimum von 21 Euro reduziert sei. „Vergangenes Jahr haben wir 703 Flugreisen über unseren Partner abgewickelt, davon 86 Prozent online und 14 Prozent offline“, also telefonisch.

 

Knapp 70 Prozent der Unternehmen arbeiten mit einem professionellen Geschäftsreisebüro zusammen.

„Dabei spielt sicher die persönliche Betreuung eine Rolle“, begründet sie den geringeren Prozentsatz. Außerdem zeige das Portal einige Flüge gar nicht erst an oder lasse sich nicht für die Buchung eines bestimmten Sitzplatzes nutzen. Bahnreisen würden direkt über die Deutsche Bahn, Hotels meist über HRS laufen. Für Frau Stolte bedeutet das meist also: multiple Reiseportale für eine Reise.

 

Das Reisemanagement zu zentralisieren, nämlich in einer einzigen Application, kommt für Peter Hillmann nur unter einer Bedingung in Frage: „Nachweisbare Effizienz.“ Solange das neue Angebot tatsächlich schneller und günstiger ist als der Status quo, stünde der Umstellung nichts im Wege. „Weshalb sollten wir etwas ändern, das jahrelang zu unserer Zufriedenheit funktioniert hat?“

 

Eine berechtigte Frage. Und der vermutlich ausschlaggebende Grund dafür, dass das Buchen über ein externes Geschäftsreisebüro weiterhin zum Standard zählt. Der Business Travel Studie 2015 zufolge, arbeiten knapp 70 Prozent der Unternehmen bei der Durchführung von Buchungen mit einem professionellen Geschäftsreisebüro zusammen.

 

via: Chefsache Business Travel, Präsentation der Studie 2015

Acht von zehn Befragten, die ein Geschäftsreisebüro beauftragen, buchen ihre Reisen dort zumindest teilweise selbst. 63 Prozent, darunter vor allem Geschäftsreisende unter 40, nutzen hierfür häufig die Online-Plattform, die das Unternehmen zur Verfügung stellt. Auch nehmen sie online Kontakt zu ihrem Geschäftsreisebüro auf.

 

„Die Menschen müssen von dem Bild wegkommen, dass sich digitale Angebote, in diesem Fall wir, uns mit ins Hotelbett legen.“

Der Wunsch nach einer Kontaktaufnahme per App ist vergleichsweise gering. Allgemeine Gründe für die in diesem Bereich nur schleppend voranschreitende Digitalisierung: Zweifel wegen der Datensicherheit, Stress durch ständige Erreichbarkeit und das Gefühl von Überwachung.

 

Laut Thomas Diehl, zuständig für Business Development bei Voya, ein Paradoxon. Der Wahlhamburger, der zuletzt bei Rocket Internet arbeitete, verwendet Begriffe wie „New“ und „Old Economy“ und, natürlich, Digital Natives.

 

„Die Brücke zu schlagen zwischen beiden Welten ist keine Revolution, sondern reine Optimierung bisheriger Strukturen“, beginnt er. „Die Menschen müssen von dem Bild wegkommen, dass sich digitale Angebote, in diesem Fall wir, uns mit ins Hotelbett legen. Wir begleiten lediglich den Weg dorthin, und zwar auf Abruf.

Der Reisende entscheidet über die Kontaktaufnahme und all das, was er preisgeben möchte. Die Reise an sich bleibt Element der ‚Old Economy‘ und wird nicht eins mit der neuen – mit Voya.“ Das „System Reise“ bekäme eine neue digitale Umwelt, nicht mehr und nicht weniger.

Web App Ansicht_Reiseprofil

 

Weniger Kosten trotz Service-Plus

Auch Peter Hillmann zeigt sich skeptisch gegenüber dem technologisierten Konzept inklusive Chat und Kundenprofil, meint aber: „Meine Assistenz muss den Nutzen des Angebots beurteilen, weil sie diejenige ist, die die Arbeit erledigt“.

 

Frau Stolte scheint aufgeschlossen, „gut durchdachte und moderne Lösungen“ begrüße sie immer, auch wenn das Unternehmen selbst noch nicht ganz in der digitalen Welt angekommen sei.

 

Im Gegensatz dazu, ist es laut Thomas „zugegebenermaßen schwierig“ jemanden zu überzeugen, der kaum Vertrauen in die digitale Welt schöpft, versuchen will er es trotzdem: „Eben weil viele unserer Kunden nicht in dieser ‚Welt‘ aufgewachsen sind, übernehmen wir als Digital Natives diesen Part ja auch komplett. Human Artificial Intelligence, Chat Bots… Das sind für einige Geschäftsreisende noch abstrakte Termini.“

 

Anders als für die Mitarbeiter von Voya – und im Gegensatz zur Kosten-Nutzen-Rechnung. Der Reisepartner von Peter Hillmanns Unternehmen stellte mehr als 11.300 Euro für das Jahr 2015 und die 703 Flugbuchungen in Rechnung. Bei Berücksichtigung des neuen Angebots läge das Minimum bei 9.169 Euro.

 

Mit Voya hätte sich diese auf 4.412 Euro belaufen, inklusive Leistungen wie „24/7-Erreichbarkeit für kurzfristige Anliegen, Accounting-Features wie Reisekostenübersichten und handverlesene Optionen“, so Thomas. Per Klick.

 

Wir berühren unser Smartphone unglaubliche 2.617 Mal am Tag. Das macht rund 110 Mal pro Stunde. Die Male, die kein „Entsperren“ beinhalten, abgezogen, bleiben genügend zum Mails- oder Facebook-checken, Notizen-schreiben und eben zur Reiseplanung übrig. Laut des Voya-Teams könnten einige Klicks daraus gestrichen werden, weil eine Chatnachricht in Zukunft ausreicht. Aber eigentlich schon in der Gegenwart.

 

 

 

*Name geändert

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