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Das "Flugtarif-Roulette" – und die Tricks der Travel Agents

Das „Flugtarif-Roulette“ – und die Tricks der Travel Agents

8. Juni, 2017

Wie sich Flugpreise zusammensetzen und von welchen Faktoren sie abhängen, ist nicht immer nachvollziehbar. Die Kilometeranzahl auf Kurzstreckenflügen, das Passagiervolumen sowie die Routen-Nachfrage und auch der Buchungszeitpunkt sind als Faktoren zwar bekannt, doch wie schwer wiegen sie wirklich? Und welche Tricks der Travel Agents helfen beim Sparen?

 

 

„Mein Nachbar hat 120 Euro weniger gezahlt“ – Wie kann das sein?

„Fliegen Sie dann, wenn wir Sie als Passagier brauchen“, kommentiert Lufthansas Revenue Manager Marcus Frank in einem Interview mit der ZEIT. Seine Abteilung fasst ganze 350 Angestellte, die die Preise letztlich so setzen, dass sich der Umsatz des Unternehmens maximiert. Sie orientieren sich dabei wiederum an speziellen Programmen, die den Markt beobachten und Zukunftstrend prognostizieren.

 

Dabei kommt eine Preispolitik heraus, die die Flieger nicht nur in Economy, Premium Economy, Business und First Class teilt, sondern die jeweiligen Kabinen selbst in Buchungsklassen gliedert: Von insgesamt 100 Economy-Sitzen werden beispielsweise 10 Plätze zum günstigsten Tarif angeboten, 8 Plätze für 20 Euro mehr und so weiter.

 

Der Recherche von ZEIT-Redakteur Claus Hecking zufolge, nutzen die meisten Airlines 24 Buchungsklassen. Obwohl zwei Reisende in derselben Kabine sitzen kann es so passieren, dass sich ihr Flugpreis um ein Vielfaches unterscheidet.

 

Die günstigsten Klassen werden oft zu Beginn angeboten, um eine Grundauslastung zu schaffen, während sich die Revenue-Mitarbeiter die teuren Tarife bis zuletzt aufheben, um sie an die „Um-jeden-Preis-Flieger“ zu verkaufen.

 

Die Tricks der Travel Agents

Geschäftsreisende sind eine solche Zielgruppe. Ihr Terminkalender ist selten flexibel, ihre Zeitfenster knapp bemessen und das gewünschte Komfortlevel hoch. Sie sind die Fluggäste, mit denen Airlines einen wichtigen Teil ihres Umsatzes machen.

 

Ein Grund dafür, warum sich Dienstreisende oft an Geschäftsreisebüros wenden: Travel Agents kennen sowohl deren Bedürfnisse, als auch die Methoden der Airlines.

 

Ihre Suche stimmen sie dementsprechend auf ihr Hintergrundwissen ab. Durch die Analyse der Buchungshistorie eines Kunden wird deutlich, welche Airline, welchen Tarif und welche Zeiten der Dienstreisende bevorzugt.

 

Die Erfüllung all dieser Faktoren bei gleichzeitiger Einhaltung eines festgelegten Budgets wird dadurch zur Routine, anstatt zur Herausforderung.

 

Buchungsvorlauf & Last Minute

Ein Teil dieser ist beispielsweise die Einhaltung des Buchungsvorlaufs, der bei Geschäftsreisenden oft zwangsläufig knapp bemessen ist – was jedoch nicht immer hohe Preise bedeutet.

 

Denn es kann passieren, dass die höherpreisigen Plätze noch kurz vor Abflug in günstige Buchungsklassen umgewandelt werden, da es sich bei einem Flug um ein Produkt „mit Verfallsdatum“ handelt. „Wir haben hier nicht ein Inventar, das wir ins Lager stellen und später verkaufen können“, erklärt Lufthansa-Mitarbeiterin Kristina Becker.

 

Die gesamten Kosten eines Flugs sind fix (z.B. Wartung der Maschine, Gehälter der Crew) und fallen unabhängig davon an, wie viele Menschen im Flieger sitzen. Ein zusätzlicher Passagier macht hingegen kaum einen Unterschied hinsichtlich der Kosten, die für eine Airline anfallen.

 

Deshalb kann es sein, dass Lufthansa auf der typischen Geschäftsreiseroute Hamburg–Frankfurt, die für gewöhnlich teuer ist, doch einmal eine günstige Buchungsklassen anbietet.

 

„Die Passagiere mit den teuren Tickets subventionieren die Schnäppchenjäger“

Laut MIT-Wissenschaftler Peter Belobaba steigen die Kosten für die Fluggesellschaft lediglich um 100 Euro pro Person an (Strecke Frankfurt – New York) , beispielsweise durch den kaum merklich höheren Treibstoffverbrauch und zusätzlichen Personalaufwand beim Einchecken.

 

Gleichzeitig bedeutet dies, dass jedes verkaufte Ticket über 100 Euro der Airline mehr Profit bringt, als ein leerer Sitzplatz. Zu richtigen Schnäppchen kommt es allerdings erst dann, wenn die Fluggesellschaft bereits viele teure Tickets verkaufen konnte.

 

Hecking bringt es so auf den Punkt: „Die Passagiere mit den teuren Tickets subventionieren die Schnäppchenjäger“.

 

Die Tricks der Travel Agents beruhen auf deren Wissen darüber, wann und wo die beliebten Last-Minute-Preise am besten zu buchen sind. Durch Partnerschaften mit Airlines sind aber meist sowieso gute Konditionen gegeben, auf die die Mitarbeiter des Travel Service jederzeit Zugriff haben.  

 

 

Meilen & Alternativflughäfen

Die Wahl spezieller Buchungskanäle ist auch in Sachen Meilenprogramme ein wichtiger Faktor, denn nur wenige Seiten ermöglichen die Anrechnung zusätzlicher Punkte.

Hier ist es hilfreich, dass der Travel Agent den Überblick über jegliche Bonusprogramme des Kunden behält und auf entstandene Vorteile aufmerksam macht.

 

Auch die Berücksichtigung alternativer Flughäfen kann einen preislichen Unterschied machen: Viele große Flughäfen haben „kleine Geschwister“, die günstigere Reisen ermöglichen.

 

Travel Agents wissen, welche Alternativflughäfen mit welchen zusätzlichen Reisezeiten verbunden sind – und ob der Dienstreisende diese (z.B. basierend auf dessen Buchungshistorie) in Kauf nehmen würde.

 

Programmierte Preispolitik – und wann der Mensch eingreift

Analysen der Historie spielen auch bei den Airlines eine ausschlaggebende Rolle.

Um leere Maschinen zu vermeiden, werden Prognosesysteme eingesetzt, die die Nachfrage für jeden Flug exakt vorhersagen, indem sie die Historie der Daten mit einrechnen.

 

Beispielsweise kann das System prüfen, wie hoch frequentiert die Strecke Hamburg – Frankfurt an einem bestimmten Datum über die letzten fünf Jahre war. Schulferien, Feiertage, Messen, Kongresse, Spielpläne der Champions League etc. werden für Buchungsvorhersagen automatisch berücksichtigt.

 

Basierend auf den eingespeisten Daten und der „Nachfragehistorie“ stellt das System schließlich günstige oder teure Buchungsklassen bereit und passt die Preisstruktur an, sobald die Nachfrage für eine Route anders ausfällt als prognostiziert.

 

Routinierte Revenue-Spezialisten

Die zuständigen Mitarbeiter der Airline greifen lediglich ein, wenn beispielsweise ein Konkurrent plötzlich besonders günstige Deals anbietet oder politische Sonderereignisse (z.B. das Brexitvotum) anstehen – also bei Veränderungen, die vom Computer nicht einberechnet werden können.

 

Die Praxis der Revenue-Spezialisten ist dementsprechend vielschichtig und teilweise computergesteuert. Daraus entsteht eine Preispolitik, die für Kunden tatsächlich nur schwer zu durchschauen ist.

Geübte Travel Agents wissen aber, wann, wo und wie sie zu buchen haben, um die Kosten für den Reisenden möglichst gering zu halten. 

 

Sie durchschauen damit das “Flugtarif-Roulette”, das in Wirklichkeit gar keines ist: Die Preise werden weit im Voraus kalkuliert und fußen auf einer Flut historischer Daten und Analysen. 

 

Somit ähnelt die Preispolitik der Airlines der großer Hotelketten. Auch hier sorgen schwankende Preismechanismen für allgemeine Ratlosigkeit unter Kunden.

 

In unserem Artikel “Überteuerte Hotelraten: Das beachten Profis bei der Buchung”  fragen wir wieder: Was steckt dahinter? Und welche Tricks wenden Travel Agents an, um die Hotelkosten ihrer Kunden so gering wie möglich zu halten?

Auf deine Fragen zum Thema Hotelbonusprogramme, wie z.B. “Wie viele und welche machen Sinn?” bekommst du hier Antworten.

 

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